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Der trügerische Frieden im Team!


Unsplash: Marvin Meyer


Teams, die sich neu konstituieren oder sich personell verändern, durchlaufen in der Regel einen Prozess innerer Strukturierung, den man in 4 Phasen unterteilen kann. Diese 4 Phasen werden in der Literatur* als Forming, Storming, Norming & Performing beschrieben. Teamentwicklung bedeutet, diese Phasen bewusst zu gestalten und zu begleiten.


Die Dynamik einer inneren (Um-)Strukturierung kann zum Beispiel durch neue Teammitglieder ausgelöst werden, die ein eigenes Rollenverständnis, Erwartungen und eine eigene Persönlichkeit mit einbringen. Auch grundlegend veränderte Rahmenbedingungen in der Zusammenarbeit können ein Team durchschütteln. So machen viele Teams diese Erfahrung in den letzten Monaten im Home Office. Die Spielregeln des Miteinander verschieben sich plötzlich, Rollen werden neu verteilt. Es sind vielleicht nicht mehr Erfahrung und Seniorität eines Teammitglieds ausschlaggebend für die Sichtbarkeit in Meetings, sondern technische Fähigkeiten und die Offenheit für digitale Tools und Arbeitsweisen. Fragen nach familiären Aufgaben, z.B. Home Schooling oder individuellen Arbeitsweisen und -rhythmen werden relevant und müssen im Team besprochen werden. Das notwendige Gemeinsame muss neu definiert und vereinbart werden.

Als Führungskraft wird es hier wichtig, genau zu beobachten was im Team passiert und auch die richtigen Schlüsse zu ziehen. Und eins ist wichtig: Frieden ist nicht immer ein gutes Zeichen, sondern oftmals der Hinweis, dass sich das Team im Forming befindet. Es beobachtet sich selbst und versucht herauszufinden, wie die neuen Spielregeln sind – abwartend, vorsichtig, zurückhaltend.


Führungskräfte tendieren dazu, diesen Frieden nicht zu stören, weil es ja vermeintlich ganz gut läuft. Aber genau diese bewusste und gesteuerte Störung des Friedens braucht es. Wenn der Frieden zu lange gewahrt wird, besteht die Gefahr, dass das Team in ein ungesteuertes und teils verdecktes Storming rutscht. Reibungen und Konflikte werden zu spät erkannt und sind dann meist schwerer aufzuarbeiten. Noch problematischer ist aber, wenn jedes Teammitglied in seiner vorsichtigen und abwartenden Position bleibt, sich wenig einbringt, zurückhaltend und abwartend agiert. Verantwortung und Steuerungsaufgaben liegen dann fast ausschließlich bei der Führungskraft. Ein typisches Symptom in der virtuellen Zusammenarbeit sind Kameras und Mikros, die immer öfter ausbleiben, Fragen und Impulse, die verhallen und Führungskräfte, die mit immer mehr Folien die Stille füllen wollen.


Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team ist es wichtig, solche Entwicklungen aktiv zu hinterfragen und die Themen des Miteinander besprechbar zu machen. Spielregeln müssen gemeinsam erarbeitet, Ansprüche und Erwartungen transparent gemacht und verhandelt werden. Notwendige Grenzen sollten frühzeitig, bewusst und umsichtig gezogen werden. Am besten geschieht dies in einem gestalteten und moderierten Prozess. So kann das Team diesen vorsichtigen Zustand verlassen und damit beginnen, sein Potenzial auszuschöpfen. Die Teammitglieder gestalten das Miteinander anstatt es situativ auszukämpfen.


Es gilt: im Anfang liegt die Qualität! Je eher das Team bewusst an sich und seiner inneren Struktur arbeitet, desto schneller und konfliktfreier lernt es, sein eigenes Potenzial auszuschöpfen.




* Phasenmodell nach Bruce Tuckman, zum Beispiel in Eberhard Stahl: Dynamik in Gruppen, Handbuch der Gruppenleitung. 2. Auflage. Beltz, Basel 2007.



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