Teil 3 - Struktur oder Kultur: Ja was denn nun?
In den letzten Artikeln dieser Reihe (>>Teil 1 hier lesen<<;>>Teil 2 hier lesen<<) habe ich beschrieben, dass Organisationen durch die bestehenden Muster und Strukturen in einem stabilen, wenig transformationsfreudigen Zustand gehalten werden. Sie sind gefangen im Ist. In der Arbeit an den bestehenden Strukturen liegt für mich ein zentraler Ansatzpunkt, wenn es darum geht, Transformationsprozesse anzustoßen. Nur wer bereit ist, die bestehenden Strukturen grundlegend zu hinterfragen und sie, falls nötig, grundlegend zu verändern, schafft die Instabilität und den Freiraum, die es braucht, damit eine Transformation in Gang kommen und gelingen kann.
Aber warum sprechen dann alle von Kultur und Mindset? Liegt hier nicht der eigentlich wichtige Ansatzpunkt? Wusste doch schon der große Peter Drucker um die Bedeutung der Kultur als er sagte: Culture eats strategy for breakfast. Auch agile Coaches werden nicht müde darauf hinzuweisen, dass es auf’s Mindset ankomme. Struktur oder Kultur: Ja was denn nun?
Ein Beispiel: Ein Unternehmen wollte SCRUM als agile Arbeitsweise einführen. Diese Veränderung brachte neue Rollen mit sich – und neue Anforderungen an die Inhaber der Rolle. Es bestanden große Zweifel, dass die aktuellen TeamleiterInnen in der Rolle des „SCRUM-Masters“ ihre Teams in die agile Arbeitswelt begleiten und entsprechend weiterentwickeln können. Befördert wurden in der Vergangenheit vor allem die, die hohe fachliche Kompetenzen mitbrachten oder schon lange im Unternehmen arbeiteten. Die Konsequenz: Die TeamleiterInnen wären von ihren Fähigkeiten eher zum „Produkt Owner“ geeignet, hätten aber plötzlich einen SCRUM-Master neben sich, der ihnen Teile ihrer Führungsarbeit „abnimmt“. Bei einigen TeamleiterInnen kam hinzu, dass MitarbeiterInnen aus ihren Teams in einigen Produkten, die das Team betreute, weitaus fitter waren und sich somit zum Product Owner eigneten. Welche besondere Rolle käme dann in der Zukunft aber noch den TeamleiterInnen zu? Das Dilemma der gefühlten Degradierung konnte nicht aufgelöst werden und so entschied man sich nach einem Piloten, das Thema bis auf Weiteres zu verschieben – obwohl sich nach wie vor alle einig sind, dass die Einführung agiler Arbeitsweisen eher heute als morgen notwendig ist.
Was an diesem – zugegeben sehr plastischen Beispiel – deutlich wird: Zum Thema der Kultur und des Mindsets kam man in diesem Fall gar nicht. Der Versuch, bestehende Strukturen zu bewahren hatte bereits verhindert, dass etwas Neues entstehen kann. Organisationen versuchen, das Neue in den Rahmen der alten Strukturen einzupassen, so dass sich keine spürbaren Veränderungen ergeben. Gelingt dieses Einpassen nicht, scheitern Transformationsversuche oftmals schon bei den ersten Schritten. Hier sind wir noch weit entfernt von der Etablierung einer neuen Kultur, dem Verinnerlichen neuer Normen, Standards und Spielregeln.
Am Ende geht es aber nicht um ein ODER sondern um ein UND. Ja, es braucht die Arbeit an Kultur und Mindset. Und bestenfalls startet die Auseinandersetzung mit der Unternehmenskultur bereits in dem Moment, indem man sich entscheidet, etwas zu verändern. Damit sich kulturelle Veränderungen aber durchsetzen können, braucht es zwingend auch den Blick auf die Strukturen. Es gilt zu hinterfragen, welche Strukturen das Entstehen eines agilen Mindset oder einer neuen Unternehmenskultur behindern. Und es gilt, diese falls notwendig zu durchbrechen, um die neuen Arbeitsweisen, die neue Unternehmenskultur, das neue Mindset zu verankern und zu stabilisieren.
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