Veränderungen sind mit Unsicherheit verbunden. In Zeiten des Wandels einzelner Abteilungen oder ganzer Unternehmen, in schwierigen Zeiten für Teams ist Vertrauen eine wertvolle Ressource, um Unsicherheit und daraus resultierenden Stress zu reduzieren. Einfach gesagt: Wenn die MitarbeiterInnen und Führungskräfte davon ausgehen können, dass der andere verantwortungsvoll, fachlich kompetent und ohne bösen Willen agiert, können von der Liste der denkbaren Ergebnisse und Handlungsausgänge einige – besonders die mit starken negativen Konsequenzen – gestrichen werden. Man geht nicht gleich vom Schlimmsten aus, teilweise ist sogar leichter Optimismus erkennbar. Aber wie entsteht diese wertvolle Ressource Vertrauen, die in schwierigen Zeiten manches so sehr erleichtern kann?
Wie entsteht Vertrauen?
In seiner differentiellen Vertrauenstheorie beschreibt Schweer wie sich entscheidet, ob wir einem anderen Menschen vertrauen oder nicht. Einfluss hierauf haben persönliche Faktoren beider Beteiligten sowie Merkmale der Situation, in der die Beziehung stattfindet. Am Anfang steht die individuelle Vertrauenstendenz einer Person, d.h. die Überzeugung, ob Vertrauen in bestimmten Lebensbereichen überhaupt möglich ist. Hinzu kommt die implizite Vertrauenstheorie einer Person, nämlich die Ansicht darüber, wie jemand sein muss, um vertrauenswürdig zu sein. Diese Ansichten sind sehr subjektiv. Häufig genannt werden Integrität, fachliche Kompetenz und Wohlwollen.
Trifft man nun auf einen anderen Menschen, so wird die eigene implizite Vertrauenstheorie mit den Merkmalen des Gegenübers abgeglichen. Erfüllt das Gegenüber die eigenen „Kriterien“, um als vertrauenswürdig zu gelten? Hinzu kommen situative Bedingungen. Einfluss haben z.B. die Verteilung der Machtpotentiale (Sind wir auf Augenhöhe oder steht der andere „über mir“?), die Beziehungsdauer (Wie lange kennen wir uns schon?), die Freiwilligkeit der Beziehung (Müssen wir zusammen arbeiten?) sowie die vorhandenen Kommunikationsstrukturen (eher formell oder informell?). Wenn diese Bewertung der anderen Person und der situativen Faktoren positiv ausfällt, dann entsteht Vertrauen – oder ist vielmehr der Grundstein dafür gelegt. Fällt diese negativ aus, dann entsteht kein Vertrauen.
Besondere Bedeutung kommt hierbei dem ersten Eindruck und Kontakt zu, wenn die implizite Vertrauenstheorie und die personalen und situativen Faktoren erstmalig abgeglichen werden. Denn die weiteren Begegnungen werden sich sehr wahrscheinlich in die entsprechende Richtung entwickeln. Dies ist dann in der Regel auch mit positiver / negativer Bewertung des Gegenübers verbunden. Der Anfangskontakt ist also entscheidend für die Geschichte einer sozialen Beziehung und auch für den Vertrauensaufbau, da die weiteren Interaktionen häufig dazu dienen, den ersten Eindruck zu bestätigen.
Was kann man nun aber tun, um Vertrauen zu fördern?
Dafür gibt es kein Patentrezept. Die folgenden Punkte können jedoch dazu beitragen:
1. Selbstreflexion: Was verstehe ich unter Vertrauen? Welche Erwartungen habe ich an eine vertrauensvolle Beziehung? Bis zu welchem Grad bin ich selbst bereit zu vertrauen? Diese Fragen sind relevant, da Vertrauen immer nur im wechselseitigen Kontakt entstehen kann. Kurz: Wenn man nicht bereit ist, Vertrauen zu schenken, werden andere einem eher auch nicht vertrauen.
2. In Beziehungen und Interaktionen die eigene Vertrauenswürdigkeit sicherstellen: In asymmetrischen Beziehungen z.B. zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn, heißt dies vor allem: Versprechen und Zusagen halten und ernst nehmen, als Führungskraft eigene Fehler zugeben, für eine gerechte Beurteilung sorgen, Sicherheit signalisieren, die eigene fachliche Kompetenz zeigen, jedoch ohne andere bloßzustellen.
3. In Vorleistung gehen: Dies ist besonders relevant zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn. Aufgrund der größeren Machtressourcen liegt der erste Schritt zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung bei der Führungskraft. Damit fungiert sie gleichzeitig als Modell für den Rest des Teams.
4. Offene und informelle Kommunikation fördern: Vertrauen setzt offene Kommunikation voraus. Formelle Kommunikationsstrukturen im Arbeitsalltag unterliegen allerdings in hohem Maße sozialen Normen. Daher ist es für ein vertrauensvolles Klima wichtig, auch Räume für informelle Kommunikation und Miteinander zu schaffen. Dies können z.B. Räume im wörtlichen Sinne sein, aber auch regelmäßige Teammeetings und -events – kurz: alle Formen des Kontakts, in denen es möglich ist, dem anderen nicht nur als Chef oder Kollege, sondern vor allem als Mensch zu begegnen.
5. Vertrauen braucht Zeit: Auf Vertrauen zu drängen hat oftmals eher einen gegenteiligen Effekt. Vielmehr entsteht Vertrauen über einen längeren Zeitraum hinweg und kann nicht eingefordert oder erzwungen werden.
Fazit:
Für all dies gilt: Es sollte sich nur um Vertrauen bemühen, wer von dessen Sinnhaftigkeit überzeugt ist. Vertrauen als strategisches Mittel ist auf Dauer wenig glaubwürdig.
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