Es ist wahrscheinlich wenig überraschend, dass Führung einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung digitaler Transformationsprozesse leisten kann - und muss. Agile leadership, digital leadership, holistic leadership. Wir Berater werden nicht müde, neue, zukunftsbefähigende Ansätze in der Führungsarbeit zu propagieren. Diese Ansätze haben teils ihre Berechtigung, teils aber auch nicht. Um einen solch innovativ klingenden Ansatz geht es mir heute aber nicht!
Es geht um das ganz grundsätzliche Wirken von Führungskräften und die unmittelbaren Auswirkungen auf den Transformationserfolg ihres Unternehmens. Im Rahmen von Transformationsprozessen, die ich als Berater begleitet habe, haben sich einige Aspekte der Führungsarbeit herauskristallisiert, die erfolgskritisch sind. Diese möchte ich im Folgenden kurz darstellen.
Zunächst einmal ist es das unternehmerische Denken und Handeln, das besonders Führungskräfte auszeichnen sollte. Das bedeutet, die digitale Transformation nicht zu verleugnen oder als Naturgewalt zu überhöhen, auf die man nur reagieren kann. Vielmehr ist es notwendig, anzuerkennen, dass die Geschäftsführung gemeinsam mit ihren Führungskräften dafür verantwortlich ist, wohin sich ein Unternehmen entwickelt. Die Zukunft des Unternehmens steht nicht bereits geschrieben. Sie ist nicht das Resultat von Entwicklungen, auf die man keinen Einfluss hat. Vielmehr ist sie das Resultat der Entscheidungen, die von Führungskräften getroffen oder auch nicht getroffen werden. Unternehmen können ihre Zukunft aktiv gestalten. Sie sind nicht dazu verdammt, nur auf die nächste Bedrohung zu reagieren. Dazu braucht es eine zukunftsfähige Idee und den Willen, diese Idee gemeinsam in die Tat umzusetzen. Die technischen Tools sind dabei Mittel zum Zweck.
Des Weiteren sind die Grundannahmen oder Paradigmen von großer Bedeutung, auf deren Basis die Führungskräfte den Wandel vorantreiben. Aktuell ist der Diskurs in vielen Unternehmen angstgetrieben. Die Aspekte Effizienz und Risikominimierung dominieren. Werden Technologien in diesem Kontext diskutiert, dann werden sie als Bedrohung oder Konkurrenz wahrgenommen. Der gläserne Mitarbeiter oder auch die menschleere, voll automatisierte Produktionshalle sind nur zwei der Bilder, die uns immer wieder in Unternehmen beschrieben werden. Es ist die Aufgabe von Führungskräften, einen Dialog über die Entwicklungschancen in Gang zu bringen, der alle mit einbezieht und der es zulässt, auch außerhalb von Effizienz und Risikominimierung zu denken. Denn nur so stellen Unternehmen sicher, dass sie alle Chancen und Potenziale der technologischen Entwicklung auch tatsächlich nutzen. Dabei müssen die Führungskräfte nicht die Lösungslieferanten sein. Im Gegenteil, sie sollten ihren Mitarbeitern Raum geben, an der Entwicklung des eigenen Unternehmens mitzuarbeiten. Zum einen können durch diese Perspektivenvielfalt ganz neue Ansätze entwickelt werden. Zum anderen entstehen Akzeptanz und ein angstfreier Umgang mit der digitalen Transformation.
Um einen solchen Dialog in Gang zu bringen und die Mitarbeiter dazu zu ermutigen, an diesem Dialog teilzunehmen, braucht es Führungskräfte, die mit Umsicht, aber auch mit Konsequenz den notwendigen Rahmen abstecken. Drei Aspekte, die zu einem solchen Dialog beitragen können, möchte ich hier noch einmal besonders herausstellen:
Die Führungskräfte sollten bestehende Begrenzungen oder Leitplanken für den Diskurs frühzeitig transparent machen. Nichts ist enttäuschender, als außerhalb der Box zu denken und dann zurück in die Box gezwungen zu werden. Sollten also bestimmte Dinge nicht gewünscht sein, dann müssen diese transparent gemacht werden.
Dann braucht es einen Dialog auf Augenhöhe, in dem alle Perspektiven gehört und offen angenommen werden. Sowohl Führungskräfte als auch MitarbeiterInnen sind gefordert, sich mit dem technologischen Neuen auseinanderzusetzen und es in seiner Bedeutung für das Unternehmen zu verstehen und zu bewerten. Schaffen es die unterschiedlichen Ebenen und Fachbereiche, einen echten Dialog miteinander zu führen, frei von Deutungshoheit und Hierarchiedenken, dann entsteht ein Wissenspool, vor dessen Hintergrund auch ganz neue Ideen entstehen können.
Von zentraler Bedeutung ist es, dass Führungskräfte ihre Rolle als Entscheider in den richtigen Momenten konsequent einnehmen, auch und gerade wenn das bedeutet, Unsicherheit auszuhalten und Verantwortung zu tragen. Nichts ist demotivierender, als Prozesse, die aufgrund nicht getroffener Entscheidungen versanden. Es werden Ideen, Konzepte und Ergebnisse produziert, in die alle Beteiligten viel Energie und Zeit gesteckt haben. Diese landen dann in der Schublade und gelangen nie in die Umsetzung, weil niemand entscheidet. Nicht selten wird abgewartet, bis ein äußerer Einfluss eine Veränderung notwendig macht, bis also unmittelbar Gefahr droht, auf die man dann reagiert. Auf diese Weise entsteht bei vielen Betroffenen der Eindruck, eher Getriebener als Gestalter der Digitalisierung zu sein und dadurch nicht selten Unruhe und Angst im Unternehmen. Dies gilt es, durch konsequent und mutig getroffene Entscheidungen zu vermeiden.
Durch ein solches Wirken können Führungskräfte einen großen Unterschied machen, wenn es darum geht, ein Unternehmen zu transformieren. Sie lassen das Narrativ der Angst hinter sich und werden, gemeinsam mit ihren MitarbeiterInnen, zu Gestaltern der digitalen Transformation.
Was es sonst noch braucht, um ein Unternehmen fit für die Digitalisierung zu machen, können sie nächste Woche wieder in unserem BLOG lesen.
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